Deniz Ohde; Streulicht. Suhrkamp € 22,70

In diesem ruhigen, genau beobachteten, einfühlsamen Roman erinnert sich die namenlose Heldin an ihre Kindheit und Jugend in einer deutschen Industriestadt. Der Vater, ein schweigsamer, zunehmend dem Alkohol verfallender Arbeiter, die leidende, aus der Türkei stammende Mutter, die Freunde aus besseren Häusern, und vor allem die subtilen, unfairen Verunglimpfungen, die sie, ohnehin schüchtern, noch mehr verunsichern und in sich zurückziehen lassen. Ein sehr lesenswerter Roman einer jungen deutschen Autorin.

Stephan Roiss, Triceratops. Kremayr&Scheriau € 20.-

Die Aufarbeitung der Jugend am Land, ein nimmermüder Topos der österreichischen Literatur, rangiert ja auch heuer wieder ganz prominent unter den Neuerscheinungen. Stephan Roiss wählt den poetisch-eindringlichen Zugang aus der Sicht des Erzählers, schildert in kurzen Momentaufnahmen die Geschichte eines Jugendlichen im Spannungsfeld der psychisch labilen Mutter, des resigniert-erschöpften Vaters, steigert sich in zunehmender Eindringlichkeit hinein in die kindlich/jugendlichen Unsicherheiten, schulischen Hänseleien, ersten prägenden Schritten in Sachen Liebe, der Verlorenheit und des daraus resultierenden psychischen Drucks. Auch auf der Longlist zum deutschen Buchpreis zu finden.
https://www.deutscher-buchpreis.de/nominiert/

Rye Curtis, Cloris. C.H.Beck € 24,70

Der Plot. Die 72-jährige Cloris, mit ihrem Mann in einem kleinen Flugzeug unterwegs, überlebt als Einzige den Absturz in der Wildnis. Kein Funkkontakt möglich. In der Ferne der Rauch eines Lagerfeuers. So beginnt die Geschichte, die die über 90-jährige Cloris im Altersheim erzählt. Es geht also gut aus, aber ohne (mysteriöse) Hilfe geht es doch nicht. Parallel dazu beginnt die Suche, angeführt von einer Rangerin mit massivem Rotweinkonsum und auf Selbstfindungssuche. Mit fast lakonischer Unaufgeregtheit, originell, spannend, ohne Theatralik oder Heroik erzählt, mit liebenswerten, komplexen Charakteren versehen, ein sehr interessantes Buch eines jungen amerikanischen Autors, von dem man vermutlich, und hoffentlich, noch einiges zu lesen bekommen wird.

Zora del Buono. Die Marschallin. C.H. Beck €24,70

Erzählt wird, und das im flotten Ton und knapper, schnörkelloser Sprache, die Lebensgeschichte der Zora del Buono (und Großmutter der Autorin, daher die Namensgleichheit), geboren im Socatal in der Zeit der Monarchie, die nach dem ersten Weltkrieg einen italienischen Arzt heiratet, sich politisch für den Kommunismus engagiert, trotzdem aber das Leben einer großbürgerlichen Dame führt und sich um ihre weit verzweigte Familie kümmert. Lebhafter Familienroman rund um eine resolute Frau im ereignisreichen 20 Jahrhundert.